Warum Menschen pendeln: 10 Gründe, die fürs Pendeln sprechen
53,3% der Österreicher*innen pendeln über ihre Ortsgrenzen hinaus zur Arbeit. Das zehrt an den Nerven, frisst wertvolle Zeit und führt nachweislich zu erhöhtem Stresslevel und körperlichen Beeinträchtigungen. Aber warum tun sich das über die Hälfte der Österreicher*innen jeden Tag an? Was sind die Beweggründe gegen einen Umzug oder gegen einen Jobwechsel? Sowohl strukturelle als auch individuelle Gründe beeinflussen die oft komplexe Entscheidung fürs Pendeln. Fluidtime hat 10 Gründe fürs Pendeln gesammelt.
10 Gründe fürs Pendeln:
1. Steigende Mieten und Immobilienpreise in Städten verdrängen Menschen ins Umland.
Die meisten Arbeitgeber sind in Ballungszentren angesiedelt, jedoch sind Mieten und Immobilien hier oft nicht mehr bezahlbar. Somit ziehen die Arbeitnehmer*innen weiter raus ins städtische Umland, um mehr Wohnraum für ihr Geld zu bekommen oder überhaupt etwas passendes zu finden. Pendeln ist somit günstiger, als eine Wohnung in der Nähe des Arbeitgebers zu beziehen.
2. Die Region der Arbeitsstätte ist kein attraktiver Wohnort.
Das ländlichere Wohnen außerhalb der Städte ist bei weitem nicht nur finanziell getrieben. Manche Pendler*innen bevorzugen die Ruhe, Weitläufigkeit und Vertrautheit in Gemeinden gegenüber städtischem Wohnen. Sie sind sozial in ihren Wohnort eingebunden und möchten nur ungern ihr Netzwerk verlieren. Zudem sind nicht alle Unternehmen an attraktiven Wohnorten angesiedelt. Insbesondere in industriellen Gebieten fehlen oft kulturelle Angebote und soziale Einrichtungen, sodass Pendler*innen nicht in die Nähe ihres Arbeitgebers ziehen möchten. Somit nehmen sie bereitwillig den längeren Arbeitsweg auf sich.
3. Bei ungewisser beruflicher Zukunft zögern viele Arbeitnehmer*innen, ihren aktuellen Wohnort aufzugeben.
Der Unternehmensstandort wurde gerade frisch verlegt, Arbeitnehmer*innen haben einen befristeten Arbeitsvertrag, wechseln häufiger ihren Job als frühere Generationen oder sehen sich in der Zukunft nicht bei ihrem jetzigen Arbeitgeber. Die Gründe sind zahlreich und nicht immer ist es ratsam, sofort dem Arbeitgeber nachzuziehen.
4. Es gibt keine vergleichbaren Job-Alternativen in der Nähe des Wohnorts.
Neben einem Umzug kann auch ein Jobwechsel den Arbeitsweg verkürzen. Jedoch möchten viele Pendler*innen ihren Arbeitgeber nicht wechseln. Zum einen, da es ihnen bei ihrem jetzigen Arbeitgeber gut geht und sie diverse Corporate Benefits genießen. Zum anderen aber, da sie wissen, dass sie nichts Vergleichbares in der Nähe ihres Wohnortes finden würden. Pendeln ist somit eine gute Lösung.
5. Home Office ermöglicht weniger Abhängigkeit von der Arbeitsstätte.
Durch hybride Arbeitsortmodelle in den vergangenen Jahren, haben viele Menschen die Vorzüge von Home Office kennengelernt. Auch in der Zukunft planen einige Unternehmen mit lediglich zwei bis drei Tagen verpflichtender Anwesenheit im Office. Insbesondere, da viele Unternehmen die Zeit genutzt haben, um Büroflächen zu reduzieren. „Shared Tesk“-Konzepte, wo sich Angestellte einen Arbeitsplatz im Office buchen, aber keinen eigenen zugewiesenen Arbeitsplatz mehr haben, sind immer mehr im Vormarsch. Der Fokus auf den Arbeitsplatz ist somit deutlich abgeschwächt und Arbeitnehmer*innen orientieren sich bei ihrer Wohnortwahl zusehends weniger an der Anbindung an den Arbeitsplatz.
6. Kinder sollen nicht aus ihrem bekannten Umfeld gerissen werden.
Kinder gehen bereits auf die Schule, sind durch Freizeit-Aktivitäten und soziale Kontakte mit dem Wohnort verbunden oder sollen schlichtweg in einem bestimmten Umfeld aufwachsen. Sobald Pendler*innen nicht nur für sich selbst eine Entscheidung treffen, überlegen sie es sich zweimal, ob sie ihre Familienmitglieder aus ihrem sozialen Umfeld herausreißen. Der längere Arbeitsweg ist dann oft ein passender Kompromiss.
7. Die Nähe zu den eigenen Eltern ist vielen wichtig.
Auch die Eltern der Arbeitnehmer*innen haben einen großen Einfluss auf die Wohnortwahl. Besonders in frühen Jahren übernehmen Großeltern oft die Betreuung ihrer Enkelkinder. Viele Eltern könnten ohne die Unterstützung der Großeltern nicht Vollzeit arbeiten. Und auch wenn die Kinder aus dem Gröbsten heraus sind, ist die Nähe zur älteren Generation essenziell. Viele Arbeitnehmer*innen unterstützen ihre pflegebedürftigen Eltern. Somit sind Arbeitnehmer*innen in ihrer Wohnortwahl gebunden und müssen gegebenenfalls pendeln.
8. Der/ die Partner*in ist ortsgebunden.
Doch nicht nur Kinder und Eltern beeinflussen die Wohnortwahl. Sind beide Partner*innen an einen bestimmten Ort privat gebunden, ist pendeln oft ein guter Kompromiss, um zusammen zu wohnen.
9. Österreicher*innen geben nur ungern ihr Eigenheim auf.
Mietwohnungen können relativ unkompliziert im Vergleich zu gekauften Wohnungen gewechselt werden. Besonders Personen aus dem angloamerikanischen Raum wechseln ab und an ihr Eigenheim. Dem hingegen geben Österreicher*innen typischerweise selten ihr Eigenheim auf. So ziehen sie nur ungern um und nehmen lieber längere Distanzen zum Arbeitsplatz in Kauf.
10. Pendeln wird nicht als verlorene Zeit angesehen.
Schlussendlich ist auch das Pendeln und die Zeit, die wir dafür aufbringen, für jeden Menschen subjektiv. Manche Pendler*innen finden lange Autofahrten entspannend und reflektieren ihren Arbeitstag bevor sie zuhause ankommen. Andere nutzen ihre tägliche Zugfahrt dazu, ungestört liegengebliebene Aufgaben abzuarbeiten oder in Ruhe Podcast zu hören. Die vermeintlichen Nachteile des Pendelns sind also individuell und können nicht verallgemeinert werden.
Sicherlich gibt es einige Möglichkeiten, um das Pendeln zu beenden. Die Entscheidung, sich einen neuen Arbeitgeber zu suchen oder umzuziehen ist jedoch oft sehr vielschichtig. Pendler*innen müssen abwägen: Wie viel ist ihnen der jetzige Wohnort, der Arbeitgeber oder ein unkomplizierter Arbeitsweg wert? Und diese Entscheidung können sie nur individuell treffen. Fluidtime hat sich auch in einem Forschungsprojekt der Thematik Pendeln zum Arbeitsweg gewidmet, das hier näher beschrieben wird.